Windrad mit Dieselantrieb

Badische Neueste Nachrichten | Karlsruhe | ZEITGESCHEHEN | 20.11.2013

Die Pläne zum Ausbau der Windkraft in der Nordsee liegen auf Eis

Ein eisiger Nordostwind pfeift von der Elbe her über die leere Betonfläche und bringt die Abspannseile des riesigen Bockkrans zum Singen. Hier in Cuxhaven wurden bis vor knapp einem Jahr noch mächtige Fundamente für Offshore-Windkraftanlagen auf Transportschiffe verladen.

Dann ging es im Schleppzug gut 200 Kilometer hinaus auf die Nordsee. Insgesamt 40-mal seit Frühjahr 2010. Jetzt läuft hier gar nichts mehr. Mehr als 300 Mitarbeiter des Stahlbauunternehmens haben ihren Job verloren. Kein Investor für weitere Windparks auf hoher See, kein Anschlussauftrag für die Cuxhaven Steel Construction GmbH. Das Aus kam nur sechs Jahre nach der Gründung der Firma im wirtschaftlich schwachen Elbe-Weser-Dreieck. Die Offshore-Branche steckt in einer dramatischen Krise. Windstrom von See ist zu teuer, die Installation aufwendig, die Investitionen immens, sagen die Kritiker und fordern eine Strompreisbremse. Die hochfliegenden Pläne von gigantischen Windparks in Nord- und Ostsee liegen auf Eis. Trotz der bevorstehenden Reduzierung der Ausbauziele auf nur noch 6 500 Megawatt Gesamtleistung bis zum Jahr 2020 hält das Land Bremen tapfer am geplanten Bau eines neuen Offshore-Terminals fest. Die Hafenanlage nur zur Verladung von Komponenten für Offshore-Anlagen soll an der Weser bei Bremerhaven entstehen. Nicht einmal 60 Kilometer Luftlinie entfernt von der jetzt ungenutzten Offshore-Basis im niedersächsischen Cuxhaven. Baukosten geschätzt rund 200 Millionen Euro. Eines in Bremerhaven ansässigen Unternehmen aus der Branche, auch ein Hersteller für hochseetaugliche Fundamente, hat bereits angekündigt, dass in absehbarer Zeit Kurzarbeit drohe, wenn sich die Situation nicht grundlegend ändere. Doch mögliche Investoren sind zurückhaltend. Immerhin kostet ein 80-Anlagen-Windpark rund 100 Kilometer vor der Küste mindestens zwei Milliarden Euro. Solange nicht klar ist, auf wie viel Cent Einspeisevergütung pro Kilowattstunde sich eine schwarz-rote Regierungskoalition in Berlin einigen wird, solange wird sicher keine neue Bauentscheidung getroffen, sagen Experten. Fast 30 Projekte sind genehmigt, keine Handvoll im Bau oder schon in Betrieb. Dass es auf See mächtig hakt in Sachen Energiewende, zeigt sich am Windpark Riffgat in der Emsmündung. Da stehen in Sichtweite der ostfriesischen Insel Borkum seit Sommer insgesamt 30 riesige Windräder still vor sich hin: Das Anschlusskabel an Land ist noch nicht verlegt. Für die seitdem nicht eingespeisten Kilowattstunden wird der regionale Energieversorger EWE vom säumigen Netzbetreiber entschädigt. Der holt sich die zusätzlichen Kosten per Öko-Umlage von den Stromkunden zurück. Und dass sich die Windräder ab und an tatsächlich drehen, liegt an kleinen Dieselaggregaten unten im Turm. Sie erzeugen Strom für Antriebsmotoren, damit die Rotorlager nicht Schaden nehmen durchs lange Stehen. Energiewende paradox. Andreas Kölling

Mit freundlicher Genehmigung der BNN

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