EEG wird zur Bewährungsprobe

Badische Neueste Nachrichten | Karlsruhe | WIRTSCHAFT | 18.12.2013

Proteste gegen Beihilfeverfahren nehmen zu / Große Koalition muss umplanen

Von der BNN-Korrespondentin Anja Ingenrieth Brüssel.

Der neuen Bundesregierung steht die erste Bewährungsprobe bevor: EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia will heute ein Beihilfeverfahren gegen die deutsche Ökostrom-Förderung einleiten.

Es geht dabei vor allem um die Ausnahme für energieintensive Unternehmen von der EEG-Umlage, aber auch um die Förderung an sich. Das ergibt sich aus einem Brief-Entwurf zur Entscheidung an die Bundesregierung, der unserer Zeitung vorliegt. Das Kollegium der Kommissare muss am Vormittag noch endgültig über den Umfang des Verfahren entscheiden. In Artikel 202 des gut 50-seitigen Schreibens kommen die Wettbewerbshüter in Bezug auf die Ausnahmen zu einem eindeutigen Urteil: Die Rabatte für energieintensive Unternehmen bei der EEG-Umlage nährten „Zweifel, was die Vereinbarkeit mit den EU-Regeln für staatliche Beihilfen angeht“, weil sie die Energie- und damit die Betriebskosten für die betroffenen Unternehmen senkten. Dies könne den Wettbewerb im Binnenmarkt verzerren, schreiben die Experten Almunias. Die Kommission fordert von der Bundesregierung weitere Informationen, etwa warum sie die Ausnahmen für notwendig und angemessen hält. Sie kann die Rabatte nicht nur für die Zukunft kippen, sondern auch rückwirkend für ungültig erklären. Dann müssten energieintensive Unternehmen nicht gezahlte Beiträge zum Ausbau der Wind- und Sonnenkraft aus den vergangenen Jahren nachzahlen. Sie müssen in ihrer Bilanz also – wie berichtet – teils Millionen-Rückstellungen bilden. „Was nicht geht, ist, dass die EU-Kommission energieintensive Unternehmen durch die Androhung von Rückzahlungen und die eventuelle Notwendigkeit von Rückstellungen in die Knie zwingt“, beklagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer. Die Chemieindustrie rechnet damit, dass die Befreiungen für 2013 und 2014 zur Diskussion stehen könnten. Pro Jahr summieren sich die Rabatte für die gesamte deutsche Wirtschaft auf etwa fünf Milliarden Euro. Besorgt äußerte sich auch der Verband der europäischen Erneuerbare-Energie-Unternehmen (Eref). „Mit der Eröffnung eines Beihilfeverfahrens könnte die deutsche Energiewende mit sofortiger Wirkung zum Stillstand kommen“, schrieb Eref-Präsident Rainer Hinrichs-Rahlwes der Kommission. Die Große Koalition will bis Ostern eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes auf den Weg bringen. Um Europas Wettbewerbshüter zu besänftigen, muss sie dabei aber weitergehen als bisher geplant – sonst droht erneut Ärger aus Brüssel.

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