Stadtwerke skeptisch wegen Super-Windrad

 

Stadtwerke skeptisch wegen Super-Windrad
Bürgergesellschaft Windmühlenberg will aus Millionen-Projekt aussteigen / „Strompreis unsicher“
Statt zwei kleinen Türmen ein neuer großer

 

Von unserem Redaktionsmitglied Günther Kopp
Die Genehmigung für ein neues, großes Windrad auf dem Windmühlenberg liegt seit Ende vergangenen Jahres vor. Im Gegenzug sollten die beiden kleineren und älteren Windkraftanlagen abgebaut werden. Doch jetzt wackelt das Repoweringprojekt. Thomas Müllerschön, der Geschäftsführer der Bürgergesellschaft Windmühlenberg GmbH, schlägt den 300 betroffenen Gesellschaftern vor, das rund sechs Millionen Euro teure Vorhaben nicht in Angriff zu nehmen und stattdessen zu beschließen, dass ein „Interessent“ das Projekt samt der rund 300 000 Euro bisher angefallener Kosten für Planung und Genehmigung übernimmt. Der mögliche „Interessent“ könnten nach BNN-Recherchen die Stadtwerke Karlsruhe sein. Wie im Rathaus bestätigt wurde, gibt es bei den Stadtwerken ein grundsätzliches Interesse am Bau des leistungsfähigen Großwindrades, allerdings konnte sich der Aufsichtsrat der Stadtwerke in seiner Sitzung Anfang Mai nicht zu einem Ja zum Repoweringprojekt durchringen. Spätestens im September soll der Punkt erneut auf die Tagesordnung kommen.
Derweil sollen die Kommanditisten der überalterten, kleinen Windkraftanlagen WKA I und WKA II in einer außerordentlichen Versammlung am 30. Mai über den Abbau der fast 20 Jahre alten Windräder entscheiden. Sie stehen der neuen Großanlage – so sie denn verwirklicht wird – im Weg, sind aber auch technisch veraltet und reparaturanfällig, so die Windkraft GmbH.
Als Gründe für den Rückzug aus dem Repoweringprojekt nennt Windkraft-pionier Thomas Müllerschön umfangreiche Auflagen für den Betrieb der neuen, weitaus leistungsfähigeren Windkraftanlage und eine Verschlechterung der Stromeinspeisevergütungen. Es gebe „keine positive Wirtschaftlichkeitsprognose“. In diesem Zusammenhang übt der ehemalige SPD-Stadtrat heftige Kritik an Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und der Bundesregierung. Diese mache die Erzeugung von regenerativem Windstrom gerade für kleine Bürgergesellschaften immer weniger interessant.
Bei Windkraftanlagen gehe man von einer rund 20-jährigen Laufzeit aus, erklärt Müllerschön. Angesichts des Stromüberangebots auf dem freien Markt könne heute niemand sagen, welcher Preis in einigen Jahren zu erzielen sei. Dies sei ein Problem für Konzerne, wie man wisse, noch mehr aber für kleine Bürgergesellschaften. Die bestehenden kleinen Windräder auf dem Windmühlenberg haben laut Müllerschön keine Zukunft. Die Wartung der veralteten Technik sei sehr aufwendig, teilweise gebe es keine Ersatzteile mehr. Der Geschäftsführer will daher erreichen, dass die Kommanditisten dem Abbau der Anlagen zustimmen. Es gebe Anfragen von Interessenten aus Osteuropa, die die Windräder bei sich wieder aufbauen wollen. An die Stelle der beiden Windkraftanlagen mit je 750 Kilowatt (kW) soll ein neues Modell mit 3,3 Megawatt (MW) treten. Deren Genehmigung hat Müllerschön in einem langen Behördenverfahren erreicht.
Doch wer die Pläne umsetzt, ist derzeit offen. Stefan Rastetter, Büroleiter von Wirtschaftsbürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz, die zugleich Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke ist, bestätigte auf Anfrage, dass in der nicht öffentlichen Sitzung des Stadtwerke-Aufsichtsrates am 4. Mai über das Repoweringprojekt der Windmühlenberg GmbH gesprochen wurde. Eine Entscheidung sei nicht gefallen, da der Aufsichtsrat weitere Daten und Fakten zur Wirtschaftlichkeit des Vorhabens gewünscht habe. Natürlich würde das Windrad ins Portfolio der Stadtwerke passen, sagte Rastetter. Das Unternehmen sei bereits an Windparks beteiligt. In der laufenden Spardiskussion seien bekanntlich auch die Stadtwerke gefordert und müssten daher Investitionen genau unter die Lupe nehmen, so Rastetter. Details wollte er nicht nennen. Dem Vernehmen nach sind die Gründungskosten für die neue Anlage auf dem rund 60 Meter hohen Müllberg verhältnismäßig teuer. Eine Hausmülldeponie als Untergrund von Windkraftanlagen gilt laut Stadtverwaltung als ungünstig. Der Deponiekörper besitze nur eine begrenzte Steifigkeit. Die Fundamente für die bestehenden tonnenschweren Windkraftanlagen wurden mit Experten des KIT entwickelt, sie haben die Form eines umgedrehten Tellers.
Die nächste reguläre Sitzung des Stadtwerke-Aufsichtsrats ist für September geplant. Da aber in der Sitzung Anfang Mai auch andere Punkte nicht entscheidungsreif gewesen seien, werde möglicherweise im Juli eine außerordentliche Sitzung einberufen, in der über das Repowering entschieden werden soll, so das Wirtschaftsdezernat.
Eine feste Größe auf dem Windmühlenberg bleibt das 85 Meter hohe Windrad auf der westlichen, der Burgau zugewandten Seite. Diese Anlage wurde 2003 in Betrieb genommen. Sie hat eine Leistung von 1 500 kW und lieferte nach Angaben der Windmühlenberg GmbH im vergangenen Jahr insgesamt 1,9 Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom.

 
Mit freundlicher Genehmigung der BNN