Wunsch-Denken

Der „Ausstieg“ aus der Atomtechnologie, die Minderung der CO2-Emissionen und die Einsparung fossiler Energieträger: Diese Ziele – zwei spezifische, ein eher allgemeines – werden als Gründe für die sog. Energiewende angeführt. Allerdings gilt: Wie hoch man diese Ziele auch bewertet, sie sagen nicht das Geringste über die Machbarkeit – und von daher über den eigentlichen „Sinn“ – dieser Energiewende aus.

Die Lage ist undurchsichtig, die von vielen Faktoren beeinflußten Verhältnisse scheinen sich immer mehr zu verwirren. Nur eine Minderheit verfügt aber über die technischen und ökonomischen Kenntnisse, die nötig sind, um sich ein fundiertes Urteil zu bilden. Hinzu kommt, daß sich ein erheblicher Teil der Fachleute aufgrund von Abhängigkeiten und Rücksichtnahmen genötigt sieht, mit den Wölfen zu heulen. Denn wer will schon seinen Arbeitsplatz oder seine Geschäftsbeziehungen gefährden oder auch nur vor seinen Mitmenschen als „Spaßbremse“ dastehen, solange die staatlich geförderte Goldgräberstimmung anzuhalten scheint – eine Stimmung, die sich für „das Gute“ zu begeistern meint?

Für Otto Normalverbraucher liegt es deshalb nahe, sich dem medial angeheizten Wunschdenken zu ergeben: „Irgendwie“ wird es schon klappen, wenn nur alle an einem Strang ziehen. Aber der Wunsch regiert nicht die Realität – auch dann nicht, wenn viele Menschen ihn im Herzen tragen und er sich mit den besten Absichten verbündet. Denn die o. g. Ziele der Energiewende sind auf dem eingeschlagenen Weg definitiv nicht zu erreichen.

Begründung: Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke sind grundlastfähig, sie stellen – was eine notwendige Bedingung dafür ist – eine „sicher verfügbare Leistung“ bereit. Volatile Stromerzeuger (Sonne + Wind) sind nicht grundlastfähig; sie könnten es erst über den Umweg der sog. Stromspeichertechnologien werden, die in der erforderlichen Größenordnung (!!) und zu halbwegs bezahlbaren Preisen aber frühestens in einigen Jahrzehnten – wenn überhaupt jemals – zur Verfügung stehen werden. Ohne ausreichend dimensionierte Stromspeicher in der Größenordnung von mindestens 10-15 Terawattstunden – das entspricht dem 300-fachen der vorhandenen Speicherkapazität – ist es unmöglich, die stark (und mit dem Zubau weiterer Erzeugeranlagen immer stärker) schwankende volatile Stromeinspeisung quasi zu zähmen, die überschießenden Stromspitzen zu glätten und die zwischen ihnen klaffenden Lücken (Dunkelheit, Flaute) zu schließen. Allein aus dieser Tatsache folgt bereits, daß der weitere Zubau von Sonnenkollektoren und Windkraftanlagen zwar den Strompreis stetig erhöhen, uns aber keinen einzigen Schritt näher an das Ziel heranführen wird. Denn die nicht gegebene Grundlastfähigkeit der volatilen Stromerzeugung zwingt einerseits dazu, das Stromnetz – v. a. die sog. Frequenz – durch die parallele Erzeugung z. B. von Kohlestrom sekundengenau stabil zu halten (was maßgeblich zur Produktion von „Überschußstrom“ beiträgt), und schließt es andererseits aus, auch nur einen kleinen Teil der konventionellen Stromerzeuger dauerhaft vom Netz zu nehmen und gar stillzulegen.

Fazit: Wer keinen (grundlastfähigen) „Atomstrom“ will, muß ihn durch (ebenfalls grundlastfähigen) Kohlestrom ersetzen. Wer beides nicht will, muß die Grundlastfähigkeit sozusagen „outsourcen“ und wird demgemäß Atom- bzw. Kohlestrom aus dem Ausland beziehen – dies aber nur dann und in dem Maße, in dem das Ausland dazu bereit und fähig ist. Gewonnen im Sinne der ursprünglichen Zielsetzung ist nichts.

Daraus folgt: Weder der Ausstieg aus der Atomtechnologie noch die angestrebte CO2-Reduktion taugen als Gründe für die Fortsetzung der Energiewende, denn keines dieser Ziele ist auf dem bisher begangenen Wege erreichbar. Der international und auch im deutschen Fernsehen bekannte Ökonom Professor Dr. Hans-Werner Sinn faßte diese Lage im Rahmen seines Vortrags „Energiewende ins Nichts“ (www.youtube.com/watch?v=m2eVYWVLtwE), gehalten am 16. Dezember 2013 in Berlin, mit den Worten zusammen: "Es ist utopisch. Es kann nicht gelingen. Was die Politiker für eine Wirklichkeit halten, bloß weil sie sie selber in den Köpfen der Menschen erzeugt haben, das ist sehr flüchtig und wird in ein paar Jahren durch die Realität und die ökonomischen und vor allem auch durch die naturwissenschaftlichen Gesetze auf die Seite gewischt werden. Politische Befindlichkeit, Umfragen mit 85 % der Deutschen dafür, das ist alles endogen und wird sich ändern, wenn die Leute merken, wie teuer das ist."

Mit freundlicher Genehmigung von

Dr. Andreas Dumm, Malsch-Völkersbach

Comments are closed.